Bibliothek

Unrechtsstaaten und ihre Bewältigung

Seminarankündigung
Bibliothek
Foto: Peter Schere

Im kommenden Sommersemester 2025 werde ich ein Seminar zum Thema:

Unrechtsstaaten und ihre Bewältigung

anbieten.

Die Auseinandersetzung mit Unrechtsstaaten wirft grundlegende Fragen über den Umgang mit politischer Herrschaft, Rechtsnormen und gesellschaftlicher Gerechtigkeit auf. Die histo­rische Erfahrung zeigt, dass Unrechtsstaaten keineswegs bloße Anomalien in der politischen Geschichte darstellen, sondern oft systematisch bestehende Machtverhältnisse zementieren und absichern. Während der Rechtsstaat grundlegende Prinzipien wie die Achtung der Men­schen­rechte, die Gewaltenteilung und die Berechenbarkeit staatlichen Handelns garantiert, zeich­net sich der Unrechtsstaat durch das systematische Fehlen oder die bewusste Miss­achtung eben dieser Prinzipien aus.

In der Wissenschaft gibt es keine einheitliche Definition des Begriffs „Unrechtsstaat“. Er wird jedoch häufig verwendet, um politische Ordnungen zu kennzeichnen, die sich durch Rechts­willkür, Grundrechtsverletzungen und die Zweckentfremdung von Rechtsnormen zur Stabili­sierung autoritärer Machtstrukturen auszeichnen. Ausgerechnet bei Carl Schmitt, dem so­ge­nannten „Kronjuristen des Dritten Reiches“, findet sich eine Untersuchung der systematischen Instrumen­talisierung von Rechtsnormen zur Stabilisierung und Legitimation autoritärer Herr­schafts­strukturen und damit gegebenenfalls eine theoretische Grundlage für das Verständnis der Machtmechanismen in Unrechtsstaaten. Jürgen Habermas wiederum entwickelt in seinen Über­legungen zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit normative Maßstäbe, die sowohl eine kritische Auseinandersetzung mit Unrechtsstaaten als auch deren rechtliche und gesell­schaft­liche Bewältigung ermöglichen.

Von der Rechtswillkür in totalitären Systemen bis hin zu subtileren Formen staatlichen Macht­miss­brauchs beleuchtet das Seminar die Merkmale, Funktionsweisen und Schwächen von Unrechts­staaten aus einer rechtswissenschaftlichen sowie interdisziplinären Perspektive. Im Fokus stehen zudem die juristischen, politischen und gesellschaftlichen Strategien zur Aufar­beitung und Bewältigung der Folgen solcher Systeme.

Ausgehend von historischen Beispielen wie der nationalsozialistischen Herrschaft und der DDR werden auch aktuelle Fragestellungen diskutiert: Welche rechtlichen und politischen Mittel stehen zur Verfügung, um Unrecht aufzuarbeiten? Wie kann die Rechtsstaatlichkeit in Über­gangsprozessen gestärkt werden? Und welche Rolle spielen Mechanismen wie Transitional Justice, Wiedergutmachung und Verfassungsreformen?

Die thematische Breite des Seminars erstreckt sich von den theoretischen Grundlagen des Rechts- und Unrechtsstaats über die juristische Aufarbeitung von Systemverbrechen bis hin zur Analyse gegenwärtiger Konflikte, in denen Rechtsstaatlichkeit in Frage gestellt wird. Besondere Aufmerksamkeit wird auch der Bedeutung von internationalen Institutionen und völ­kerrechtlichen Normen in Transformationsprozessen gewidmet.

Es handelt sich um ein Blockseminar, dem einzelne Veranstaltungstermine während des Se­mes­ters vorangehen. Das Seminar gibt Gelegenheit, neben Übungsseminararbeiten auch Wis­senschaftliche Arbeiten in den Schwerpunktbereichen 1, 4 und 6 zu verfassen. Referate kön­nen auch über einschlägige Werke verfasst werden, in der Art eines Literaturberichts oder einer Rezension. Literaturhinweise und Terminfestlegung erfolgen in der Vorbesprechung. Raum und Zeit hierfür werden noch bekanntgegeben.

Bitte melden Sie sich bei Interesse per E-Mail unter tim.niendorf@uni-jena.de und an­schlie­ßend in Friedolin für die Veranstaltung an. Anmeldungen für die Wissenschaftlichen Ar­bei­ten müssen bis zum 28. Februar 2025 erfolgen. Die Anmeldung für Übungsseminararbeiten ist auch nach dem 28.02.2025 möglich.

Studierende, die ihre Wissenschaftliche Arbeit im Seminar schreiben, erhalten nach der An­mel­dung ein Formular, das ausgefüllt per E-Mail zusammen mit einer eingescannten Datei des Übungsseminarscheins zurückzuschicken ist. Melden sich zudem bitte in Friedolin sowohl für das ÜbungsseminarExterner Link als auch das gleichnamige ExamensseminarExterner Link an.