Wien Bericht des Willem C. Vis Moot Team Uni Jena 2016
23. International Commercial Arbitration Willem C. Vis Moot 2016, Wien
“Eine der spannendsten und lehrreichsten Wochen meines Lebens”
Das klingt erst einmal wie eine Floskel, hinter der nicht viel steckt. Allerdings war dies einer der Sätze, die wir in unserer Woche in Wien mit am meisten gehört haben. Andere wären:
„Good job at your pleading!“
„Lief euer Pleading auch so gut?“
„Gestern war es echt toll!“
„Sehen wir uns heute Abend im Ostklub/Aux Gazelles?“
All diese Sätze spiegeln wieder, was die Woche der „Oral Rounds" des Vis Moot Courts in Wien ausmacht.
Aber „first things first“: Der Vis Moot besteht nicht nur aus dem Wettbewerb selbst. Über die ganze Woche hinweg organisiert der Verein ehemaliger „Mooties“ (Moot Alumni Association/MAA) Parties, Sightseeing-Touren und sonstiges Rahmenprogramm. So war auch kurz nach unserer Ankunft in Wien am Donnerstag das erste Ziel die „Welcome Party“ im Palais Eschenbach, welche den Auftakt der Veranstaltungen um den Moot darstellt. Dort hatte man Gelegenheit alte Bekannte von Pre-Moots oder Kanzlei-Pleadings wieder zu treffen und auch neue Freunde kennenzulernen. Für uns war es eine besondere Überraschung, die Teams der indischen Universitäten, gegen die wir in Skype-Pleadings im Rahmen der Vorbereitung angetreten waren, auf der Welcome Party wieder zu treffen. Bei über zwei Tausend Vis-Moot Teilnehmern hielten wir dies für eine Sache der Unmöglichkeit.
Am Freitagvormittag hatten wir zunächst einmal kurz Zeit uns eine Übersicht über die Wiener Innenstadt zu machen. Bereits am Nachmittag war es jedoch „Gametime“ - spontan verabredeten wir uns zu einem Probe-Pleading mit einer türkischen Universität im türkischen Kulturzentrum. Von dort aus ging es dann direkt los zur „Official Opening Reception“ – dem offiziellen Auftakt des Vis-Moot Courts. Das altehrwürdige Wiener Konzerthaus, gefüllt mit über zwei Tausend Studenten und ca. 800 Schiedsrichtern aus aller Welt - einfach beeindruckend! Auf der „Opening Reception“ wurde man von den Organisatoren des Moots herzlich willkommen geheißen und der Fahrplan für die nächsten Tage wurde abgesteckt. Nach den berühmten „Moot Songs“ von Professor Flechtner, (eine kurze Google-Suche wert!) konnte man sich noch bei belegten Broten und Wein mit neuen und alten Bekannten in der dicht gedrängten Menge unterhalten.Für unser Team fiel der Abend leider jedoch relativ kurz aus, da unser erstes Pleading am nächsten Morgen um zehn Uhr stattfinden sollte.
Die „General Rounds“ finden immer von Samstag bis Dienstag statt. In dieser Zeit, sieht man unzählig viele Studenten im Anzug, bepackt mit Ordnern durch die Wiener Innenstadt von einem Ort zum anderen wandern. Unser erstes Pleading hatten wir gegen die Washington University St. Louis in den Räumen der Kanzlei Baker&McKenzie. Die Aufregung war groß, aber umso größer war die Erleichterung, als es geschafft war und man sich gegenseitig gratulieren konnte. Alles verlief sehr gut und wir machten das Pleading unseres Lebens. Endlich konnte man zeigen, was man so gewissenhaft in den letzten Monaten vorbereitet hatte.
Neben den „Oral Rounds“ und diversen Konferenzen der MAA bzw. der ICC (International Chamber of Commerce) finden natürlich auch zahlreiche Empfänge statt, auf denen man erste Kontakte mit den verschiedenen Schiedsrichtern des Wettbewerbs machen sowie befreundete Teams wiedertreffen kann. Die Schiedsrichter stammen wie die Teilnehmer aus allen Himmelsrichtungen dieser Erde. Schiedsrichter, Richter, Professoren, Partner und Associates aus den Großkanzleien – das gesamte „Who is Who“ der juristischen Welt versammelt sich hier. Insgesamt ist es eine sehr offene und freundliche Atmosphäre und man beginnt zu verstehen, warum so viele Leute jedes Jahr wieder nach Wien „pilgern“ um den Vis Moot zu erleben. Eigens dafür gibt es auch eine von der MAA organisierte „Moot Bar“- der Ostklub, welcher jeden Tag seine Pforten öffnet, um Teilnehmern, Coaches und Schiedsrichtern die Möglichkeit zu geben, sich zu treffen, zu tanzen, gemütlich zusammenzusetzen oder sich am Kicker-Tisch zu messen.
Nach den „General Rounds“ am Dienstag Abend, finden sich die Teams der Universitäten dann für die sogenannten „Announcements“ im Austria Center Vienna zusammen, um die Verkündung der besten 64 Teams zu hören, wobei selbstverständlich alle hoffen es in die Finalrunden geschafft zu haben. Für uns war dies der aufregendste Teil der ganzen Woche: 60 Teams waren bereits genannt worden und die Hoffnung auf ein Weiterkommen sunk. Dann plötzlich hieß es: „Pennsylvania State University against University of Jena!“. Unglaubliche Freude machte sich breit! Dann auf einmal die Unsicherheit: war es die „University of Vienna“ oder Jena. Die Ernüchterung setzte ein, als es auf Facebook zunächst hier „University of Vienna?“. Letztendlich erlöste uns dann Professor Kröll (einer der Hauptverantwortlichen), welcher uns versicherte, dass es die „University of Jena“ erneut in die Finalrunden geschafft hatte. Erleichterung und riesen Freude - das nächste Pleading war um acht Uhr morgens. Wir waren stolz und aufgeregt zugleich!
Leider sollte es jedoch nur knapp nicht ausreichen. Eine sogenannte „Split Decision“ (Uneinigkeit zwischen den Schiedsrichtern) machte unserem Weg in die Runde der besten 32 Teams der Welt einen Strich durch die Rechnung! Stattdessen zog die „Pennsylvania State University“ genauso verdient in die Runde der besten 32 Teams ein. Trotz alledem war es für unser Team ein riesiger Erfolg als eins der wenigen deutschen Teams in die Runde der besten 64 Teams der Welt zu kommen und uns dort noch einmal beweisen zu können. Einen Vorteil hatte das Ausscheiden am Mittwoch jedoch: Man konnte nun mit allen anderen Teams auf die „Farewell Party“ der MAA gehen. Dort wurde eigens eine Großraumdiskothek angemietet, um allen Mooties die Möglichkeit zu geben noch einmal sich wiederzusehen und gemeinsam bis in die Morgenstunden zu feiern.
Am Donnerstagmittag ging es dann – müde aber glücklich – in Richtung Wiener Messe zum Congress center, wo die Finalrunde mit anschließendem Awards Banquet stattfanden. Man schaute sich noch ein letztes Mal an, woran man so lange und so hart gearbeitet hatte. Danach wurde das 4 Gänge Menü serviert und in 20-minütigen Abständen die „Honorable Mentions“ und „Awards“ für die besten Universitäten verliehen. Danach hieß es dann aber wirklich „Abschied nehmen“, da viele Teams noch am selben Tag abreisten. Wir ließen die Moot-Woche noch mit einigen Teams in einer Karaokebar ausklingen und zogen dann gemeinsam weiter in die „Moot Bar“.
Am Freitag, eine Woche nach dem spannenden Event, saßen wir dann wieder am Flughafen und ließen die Woche noch einmal Revue passieren. Nicht nur hat uns das kompetitive Element des Moots besonderen Spaß bereitet – wir sind ausschließlich auf perfekt vorbereitete Universitäten getroffen, die es genau so wie wir verdient hätten in die Runde der besten 64 zu kommen. Insbesondere das soziale Element des Vis Moots war in dieser Woche doppelt zu unterstreichen. Über zwei Tausend Studenten aus 311 Universitäten aus wiederum ca. 150 Ländern trafen sich eine Woche lang in Wien, um dort friedliche Streitbeilegung zu praktizieren, sich kennen zu lernen, sich zu Unterhalten und gemeinsam zu feiern.
„All dies machte die Woche in Wien zu einer unserer spannendsten und lehrreichsten Wochen unseres Lebens!“